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Gesetzentwurf zur Frauenquote mit einigen Überraschungen

Am 20. Juni 2014 haben Bundesjustizminister Heiko Maas und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig ihren Gesetzentwurf zur Frauenquote vorgestellt. Im Wesentlichen entspricht der Entwurf den Leitlinien vom März 2014. Er enthält aber auch ein paar Überraschungen: „Entwarnung" gibt es bei den Unternehmen, die als Europäische Aktiengesellschaft (SE) organisiert sind. Sie sind von der gesetzlichen Mindestquote von 30% im Aufsichtsrat ausgenommen. Bei GmbHs und Aktiengesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern soll hingegen künftig in jedem Vorstand und in jedem Aufsichtsrat mindestens eine Frau sitzen.

Der Referentenentwurf (vollständiger Titel: Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst) sieht für Aufsichtsräte börsennotierter und der Mitbestimmung unterliegender Unternehmen eine verpflichtende Geschlechterquote von 30 Prozent vor. Nicht börsennotierte, aber mitbestimmte Unternehmen müssen sich selbst Zielvorgaben geben. Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern sind von den Regelungen gänzlich ausgenommen.

Feste Quote

Eine fixe Geschlechterquote von 30 Prozent soll künftig in den Aufsichtsräten der rund 120 Unternehmen in Deutschland gelten, die börsennotiert sind und mit mindestens 2000 Arbeitnehmern unter das Mitbestimmungsgesetz fallen. Die Geschlechterquote muss ab 2016 bei den neu zu besetzenden Posten beachtet werden. Aufsichtsräte, die bis 2015 gewählt wurden, bleiben für die volle Wahlperiode im Amt, auch wenn die Quote damit noch nicht erreicht ist. Die Mindestquote für jedes Geschlecht ist sowohl von der Anteilseigner- als auch der Arbeitnehmervertreterbank einzuhalten. Wird die Quote nicht erfüllt, bleiben die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze unbesetzt. Ein Wahlbeschluss, der gegen die Mindestquote verstoßen würde, ist nichtig. Das alles gilt jedoch nicht für Unternehmen, die in der Rechtsform der SE (Europäische Aktiengesellschaft) organisiert sind, also etwa Allianz,  BASF, Puma, Sixt, Fresenius oder E.ON. Diese Unternehmen wurden in letzter Sekunde aus der Quotenpflicht herausgenommen:

Eigene Zielvorgaben bei mitbestimmten Unternehmen

Für die rund 3.500 deutschen Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder einen mitbestimmten Aufsichtsrat haben, kommt bereits ab 1. Januar 2015 eine „Flexi-Quote". Das gilt auch für GmbHs mit mehr als 500 Mitarbeitern und damit für weite Teile des deutschen Mittelstands. Diese Unternehmen sollen selbst Zielvorgaben festlegen für den Aufsichtsrat, den Vorstand bzw. die Geschäftsführung sowie die beiden Managementebenen darunter. Aufsichtsrat und Vorstand dürfen die Zielgrößen selbst bestimmen, allerdings mit folgenden Einschränkungen: die Unternehmen dürfen mit ihren Zielen nicht hinter ihren jetzigen Stand zurückfallen (Verschlechterungsverbot). Und: die Zielgrößen müssen die Besetzung mit mindestens einer Frau und einem Mann vorschreiben („Besetzungswirksamkeit"). Das bedeutet faktisch eine Quote von 33% für alle Aufsichtsräte, die nur aus 3 Personen bestehen. Und das sind nach Angaben des BDI rund 60% aller Aufsichtsräte. Über die Zielvorgaben werden auch Vorstands-Quoten eingeführt: Wenn mindestens eine Frau dem Vorstand angehören muss, folgt daraus eine Quote von 50% (beim 2-er-Vorstand) bzw. von 33% beim 3-er-Vorstand. Nach Einschätzung des BDI haben rund 80% aller Unternehmen maximal 3 Vorstandsmitglieder. Auch hier können wir allerdings eine gewisse Entwarnung geben: für den Fall des Verstoßes gegen Zielvorgaben sind keinerlei Sanktionen vorgesehen. Insofern scheint die Aufregung über Quoten in Vorständen etwas übertrieben.

Warum ist die SE ausgenommen?

Dass die als SE (Europäische Aktiengesellschaft) organsierten Unternehmen nicht der gesetzlichen Frauenquote unterliegen sollen, kam überraschend im Entwurf vom 20. Juni 2014. Hintergrund dürfte sein, dass die Bundesregierung bei dieser Rechtsform Konflikte mit Brüssel fürchtet, denen sie lieber aus dem Weg geht, um das Projekt nicht zu gefährden oder jedenfalls zu verzögern. Deshalb ist im Entwurf für die Europäischen Aktiengesellschaften keine zwingende Quote vorgesehen, sondern lediglich eine „Soll-Regelung".

Weitere Schritte

Der Referentenentwurf vom 20. Juni 2014 wird jetzt in den Ministerien diskutiert und soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Dass aus der Wirtschaft Widerstand kommt, dürfte angesichts der klaren Mehrheit in der großen Koalition nicht mehr viel bewirken. Und dass den Grünen die Quote von 30% nicht weit genug geht und stattdessen 40% gefordert werden, könnte die Realisierung des Gesetzesentwurfs sogar befördern: denn mancher mag eine 30% Quote akzeptieren, um „Schlimmeres" zu verhindern. Die Zeit der unverbindlichen Selbstverpflichtungen dürfte jedenfalls vorbei sein.

Dr. Barbara Mayer
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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