Die europäische „Einmann-GmbH": Chancen und Risiken

Die europäische Kommission hat am 09.04.2014 einen Entwurf einer „Richtlinie zur Erschaffung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter" vorgelegt (KOM (2014) 212 final). Hierdurch sollen Konzerne leichter Tochtergesellschaften in allen Mitgliedstaaten gründen können. Trotz sehr kritischer Stimmen vor allem in Deutschland ist mit einer Verabschiedung zu rechnen, wenn auch einzelne Regelungen noch geändert werden dürften.

Vorgeschichte

Nach der Schaffung der Europe-Aktiengesellschaft („Societas Europaea", SE) im Jahr 2004  schlug die EU-Kommission im Jahr 2008 vor, eine Europa-GmbH („Societas Privata Europaea", SPE ) einzuführen. Die Einführung scheiterte nach einigen Vermittlungsversuchen insbesondere am Widerstand Deutschlands im Hinblick auf das Stammkapital und die Arbeitnehmerbeteiligung.

Die SUP

Nun hat die EU-Kommission einen zweiten Anlauf gestartet, eine vereinfachte SPE in Form einer „Einmann-GmbH" („Societas Unius Personae", SUP) einzuführen. Grundlage ist diesmal keine EU-weite unmittelbar anwendbare Verordnung, sondern eine Richtlinie. Diese bedarf - anders als die Verordnung - keiner Einstimmigkeit, sondern könnte auch gegen die Stimmen Deutschlands verabschiedet werden. Der Nachteil besteht darin, dass die Richtlinie erst nach Umsetzung ins nationale Recht verbindlich ist.
Kernpunkte der SUP sind:

  • einfache Online-Gründung ohne Beteiligung von Notaren
  • freie Wahl von Satzungs- und Verwaltungssitz
  • Gestaltung der Gesellschaftsverträge auf Basis von Mustersatzungen
  • Ersetzung des Kapitalschutzes durch einen Fallbezogenen Bilanz- bzw. Insolvenztest
  • Arbeitnehmermitbestimmung nach nationalem Recht
  • Weisungsrecht des Alleingesellschafters.

Während die Online-Gründung im Hinblick auf die Vermeidung von Geldwäsche Fragen aufwirft und sicherlich noch einmal geändert wird, sind eine einfache Gründung sowie das Vorhandensein von Mustersatzungen zu begrüßen. Sehr langfristig ist ohnehin damit zu rechnen, dass das Monopol der Notare für die Beurkundung von GmbH-Gesellschaftsverträgen wankt. So hat etwa die Schweiz dieses Formerfordernis vor einigen Jahren schon abgeschafft.

Heftig diskutiert wird der Wegfall des bisher im deutschen Recht so „heiligen" Kapitalschutzes, d.h. der Pflicht, ein Mindestkapital einzuzahlen und während der Lebensdauer der Gesellschaft auch zu erhalten. An die Stelle dieses Kapitalschutzes soll ein Bilanz- bzw. Insolvenztest treten. Hiernach soll für jede Ausschüttung geprüft werden, ob nach der Zahlung die Vermögenswerte die Schulden decken. Durch einen (bspw. in anderen Rechtsordnungen als dem HGB möglichen) hohen und wenig vorsichtigen Ansatz der Aktiva könnten so Ausschüttungen erfolgen, die bei vorsichtiger Bilanzierung bspw. nach dem HGB gar nicht möglich wären. Bilanzspielräume könnten so zu Lasten der Gläubiger ausgenutzt werden.

Offen sind schließlich Fragen hinsichtlich der Firma sowie von Insolvenzantragspflichten und Form- und Prüfungserfordernisse bei der Handelsregistereintragung.

Auch wenn die SUP in erster Linie für KMUs, also kleine und mittlere Unternehmen, gedacht ist, dürfte der praktische Hauptanwendungsfall (wie auch bei der SPE) bei den Konzernen liegen. Sie könnten europaweit ihre nationalen Gesellschaften in Form einer SUP organisieren und damit weitgehend vereinheitlichen. Der Wegfall des Kapitalschutzes würde zudem den Finanztransfer innerhalb des Konzerns vereinfachen.

Eine SUP, die nicht mehr den Vorgaben entspricht (also insbesondere von mehreren Gesellschaftern gehalten wird) musste nach dem Entwurf in eine nationale Rechtsform umgewandelt oder aufgelöst werden. Hier fehlen allerdings noch Regelungen zu Fristen sowie Verantwortlichkeiten und Sanktionen.

Bewertung und Ausblick

Gegenüber der SPE ist die SUP die deutlich schlechtere Alternative. Eine aufgrund der Richtlinie uneinheitliche Ausgestaltung, der begrenzte Anwendungsbereich für Einmann-Gesellschaften sowie ungelöste Fragen im Hinblick auf die Kapitalausstattung, Seriosität und die Firmierung lassen erwarten und hoffen, dass sich bis zur Verabschiedung noch einiges ändert.

Allerdings besteht seitens der Kommission ein hohes politisches Interesse an dieser Gesellschaftsform, und Konzerne können ihren Aufwand zur Gründung und Verwaltung der europäischen Tochtergesellschaften vereinfachen. Insoweit ist die SUP zu begrüßen - hoffentlich aber nur als Zwischenschritt zu einer SPE und nicht als Alternative hierzu.

Dr. Barbara Mayer, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Dr. Jan Henning Martens

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