grafvonwestphalen2318 104x156 1.jpg

Mängelgewährleistung: Ersatz von Aus- und Einbaukosten - was ist rechtens?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einer neuen Entscheidung vom 02.04.2014 mit der höchst praktischen Frage auseinandergesetzt, wie die Gewährleistungsansprüche des Käufers einzuordnen sind, wenn im Zusammenhang mit einer Ersatzlieferung kostenträchtige Aus- und Einbaukosten anfallen. Das Ergebnis: Im B2B-Bereich erfasst der Anspruch auf Nacherfüllung nicht den Ersatz von Aus- und Einbaukosten - anders als im B2C-Bereich.

In einer ganz neuen Entscheidung vom 02.04.2014 ging es darum, dass ein Handwerker als Hersteller einen Auftrag erhielt, für einen Bauherrn Aluminiumholzfenster für ein Neubauvorhaben zu liefern und auch dort einzubauen. Deswegen bestellte der Handwerker bei einem Fachhändler die für die Aluminium-Außenschalen benötigten Profilleisten, der diese listenmäßig anbot. Nach Einbau erwiesen sich diese als mangelhaft; ursächlich war ein Herstellfehler im Rahmen des Beschichtungsprozesses. Eine Nachbehandlung an den bereits eingebauten Fenstern war nicht möglich. Der Austausch war mit ganz erheblichen Kosten - ca. 40.000 EUR - verbunden. Um den Ersatz dieser Kosten ging es in der Entscheidung. Der BGH lehnte den Anspruch im Ergebnis mit folgender Begründung ab:

  • Es handelte sich hier nicht um einen Verbrauchsgüterkauf. Wenn nämlich der Bauherr, was hier nicht zutraf, ein Privatmann ist, dann ist nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) der Anspruch auf Ersatz von Aus- und Einbaukosten vom Anspruch auf Nacherfüllung erfasst (EuGH NJW 2011, 2269); dem ist auch der BGH gefolgt (BGH NJW 2012, 1073). Es handelt sich nämlich in diesen Fällen nicht um einen Schadensersatzanspruch, weil die Kosten für den Aus- und Einbau unmittelbar mit der wegen eines Mangels erforderlichen Nacherfüllung verbunden sind.
  • Wenn es sich jedoch - wie in dem jetzt entschiedenen Fall des BGH - um einen Kaufvertrag zwischen Unternehmern handelt, dann ist die dogmatische Einordnung von Aus- und Einbaukosten nicht dem engen Bereich der Nacherfüllung, sondern dem des Schadensersatzes statt der Leistung zuzuweisen (BGH NJW 2013, 220). Denn der Anspruch auf Nacherfüllung erschöpft sich in dem Anspruch auf Mangelbeseitigung an der gelieferten Sache selbst oder ist als Anspruch auf Lieferung einer Ersatzleistung gesetzlich in § 439 Abs. 1 BGB definiert. Der Verkäufer schuldet nämlich immer nur die Lieferung einer mangelfreien Sache, die er dem Käufer zu übergeben hat. Daher: Aus- und Einbau gehören nicht zu den Pflichten, welche der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung schuldet (BGH NJW 2008, 2837, 2839). Mehr noch: Die kaufvertragliche Pflicht des Verkäufers als Händler, dem Käufer die zu liefernde Sache auch zu übereignen, umfasst nicht den Pflichtenkreis des (vor geschalteten) Herstellers der mangelhaften Sache; dieser ist daher auch nicht als Erfüllungsgehilfe des Händlers einzuordnen (§ 278 BGB). Das ist der springende Punkt: Hier hatte ja der Handwerker die mangelhaften Profile vom Großhandel bezogen; er hatte sie nicht selbst hergestellt. Deshalb ist die Tatsache, dass diese Profile mangelhaft waren, dem Handwerker grundsätzlich nicht als Haftungsgrund für einen Anspruch des Käufers auf Schadensersatz zuzurechnen. Das ist nur dann anders, wenn der Handwerker hier eine eigene Pflicht, etwa die der ordnungsgemäßen Wareneingangskontrolle schuldhaft verletzt hätte. Das traf jedoch nicht zu. In den Worten des BGH: Der Handwerker hat den Mangel der ihm zugelieferten mangelhaften Profile nicht im Sinn eines Verschuldens zu vertreten. Daran scheitert der Anspruch auf Schadensersatz.
  • Die praktischen Konsequenzen liegen auf der Hand: Im Rahmen der Produkthaftpflichtversicherung sind Aus- und Einbaukosten bei Lieferung einer mangelhaften Sache als „gesetzliche Schadensersatzansprüche" gedeckt. Liegt indessen dem jeweils geltend gemachten Anspruch auf Ersatz solcher Aufwendungen ein Verbrauchsgüterkauf zugrunde, dann handelt es sich nach der neuen Rechtsprechung - wie gezeigt - um einen Nacherfüllungsanspruch, nicht aber um einen „gesetzlichen Schadensersatzanspruch". Es ist daher sehr wichtig, diese Frage mit dem jeweiligen Haftpflichtversicherer zu klären, dass eben auch in diesen Fällen Deckungsschutz besteht. Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtslage vor der Modernisierung des Schuldrechts (2001), weil damals diese Aufwendungen alle dem Bereich der Mangelbeseitigung - also: dem Erfüllungsbereich - zugewiesen und auch als solche gedeckt waren (BGH NJW 1963, 805; BGH NJW 1963, 809).
  • Dieser Gesichtspunkt ist auch für den Lieferantenregress nach den §§ 478, 479 BGB von großer Wichtigkeit. Denn wenn es sich um die Herstellung einer neuen Sache handelt, die letztlich - über die Kette - beim Verbraucher landet, dann besteht ein gesetzlich zwingender Regressanspruch des für einen Mangel haftenden Verkäufers als Letztverteiler gegenüber dem Hersteller auf Ersatz der Aufwendungen (§ 478 Abs. 2 BGB). Auch in diesen Fällen spricht vieles dafür - eine BGH-Entscheidung steht aber noch aus - dass es sich bei dem Ersatz von Aus- und Einbaukosten um einen Anspruch handelt, der dem engen Bereich der Nacherfüllung, nicht aber dem Bereich des Schadensersatzanspruchs zugewiesen ist. Daher gilt insoweit die gleiche Empfehlung, dass auch diese Frage mit dem Versicherer im Blick auf den erforderlichen Deckungsschutz geklärt werden sollte.
  • Liegt jedoch ein Kaufvertrag vor, der nur zwischen Unternehmern abgeschlossen wird, dann ist die hier referierte Rechtsprechung maßgebend. Es handelt sich dann im Blick auf den Ersatz von Aus- und Einbaukosten bei Lieferung einer mangelhaften Sache um einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. Dieser Anspruch aber ist vom Vorliegen eines Verschuldens abhängig. Hier kann sich der Händler - zur Erinnerung: der Handwerker hatte die mangelhaften Profile käuflich erworben - sich regelmäßig vom Vorwurf einer eigenen Pflichtverletzung entlasten. Jedenfalls haftet er nicht für die Pflichtverletzung des ihm vorgeschalteten Herstellers. Dieser ist nicht sein Erfüllungsgehilfe. Liegt aber eine dem Verkäufer zuzurechnende Pflichtverletzung vor, dann besteht für den Ersatz von Aus- und Einbaukosten Deckungsschutz.
  • Ist indessen der Verkäufer auch Hersteller der mangelhaften Sache und fallen im Rahmen der Nacherfüllung Aus- und Einbaukosten an, dann liegt eine ihm zurechenbare, regelmäßig auch verschuldete Pflichtverletzung vor. Er haftet daher in der Regel auf Ersatz dieser Aufwendungen aus dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzes statt der Leistung. Versicherungsrechtlich handelt es sich hier erkennbar um versicherungsrechtlich gedeckte „gesetzliche Schadensersatzansprüche". Vieles spricht dann aber auch dafür, dass der Verkäufer/Hersteller seine Haftung auf Schadensersatz in seinen Verkaufs-AGB nicht wirksam ausschließen kann, sondern dass die richterliche Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB eingreift und die entsprechende Klausel als unwirksam einstuft. Denn es gehört nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB zu den Hauptpflichten eines Verkäufers, mangelfrei zu liefern. Und solche Haupflichten sind eben, wenn sie schuldhaft verletzt werden und ein Anspruch auf Schadensersatz erwächst, freizeichnungsfest. Doch eine dieses Ergebnis bestätigende BGH-Entscheidung liegt noch nicht vor.

Prof. Dr. Friedrich Graf von Westpalen

Kontakt > mehr