Neuer Anlauf zur Frauenquote: Bundesjustizminister Heiko Maas und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig haben am 25. März 2014 Leitlinien für ein Gesetzgebungsverfahren für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst vorgestellt

Während weithin Einigkeit darüber herrscht, dass ein höherer Frauenanteil in den Führungsetagen der Wirtschaft wünschenswert wäre, wird über das „Wie" kontrovers debattiert. Der Gesetzgeber hat lange auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen gesetzt und auf eine Frauenförderung per Gesetz verzichtet. Noch im April 2013 lehnte die schwarz-gelbe Koalition eine Initiative von SPD und Grünen im Bundestag zur Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsräten ab. Doch die Geduld des Gesetzgebers scheint aufgebraucht. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, den Frauenanteil in den Führungsetagen großer Unternehmen und im Öffentlichen Dienst durch gesetzliche Vorschriften zu erhöhen. Mit den Leitlinien zum Gesetzesvorhaben wagten das Bundesjustiz- und das Bundesfamilienministerium nun einen ersten Vorstoß zur Umsetzung des Vorhabens.

Die Leitlinien enthalten klare Vorstellungen zum Inhalt eines zukünftigen Gesetzes. Die Erhöhung des Anteils von Frauen an Führungspositionen soll in drei Bereichen erfolgen: (1) in Form einer festen Quote in Aufsichtsräten börsennotierter, mitbestimmter Aktiengesellschaften, (2) in Form einer selbst auferlegten Quote bei kleineren Unternehmen und (3) durch einer Angleichung der Regelungen für den Öffentlichen Dienst. Kleine und mittlere nicht börsennotierte Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern sind von den Regelungen gänzlich ausgenommen.

Feste Quote bei Großunternehmen

Eine fixe Geschlechterquote von 30 Prozent soll in den Aufsichtsräten der rund 100 Unternehmen in Deutschland gelten, die börsennotiert sind und mit mindestens 2000 Arbeitnehmern unter das Mitbestimmungsgesetz fallen. Ab 2016 soll die Geschlechterquote schrittweise bei den neu zu besetzenden Posten beachtet werden. Die Mindestquote für jedes Geschlecht ist sowohl von der Anteilseigner- als auch der Arbeitnehmervertreterbank einzuhalten. Die Nichteinhaltung der Quote wird sanktioniert: Die Wahl durch die Hauptversammlung oder die Entsendung unter Verletzung der Mindestquote soll nichtig sein; die für das minderrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben leer. Gegen eine Wahl, die gegen die Geschlechterquote verstößt, können Aktionäre, der Vorstand sowie Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat gerichtlich mit einer Nichtigkeitsklage vorgehen. Außerdem sind Beschlüsse des Aufsichtsrats, an denen eine Person teilnimmt, die aufgrund der Nichteinhaltung der Quote nicht wirksam in den Aufsichtsrat gewählt wurde, dann nichtig, wenn es bei der Beschlussfassung auf die Stimme dieser Person ankam.

Eigene Zielvorgaben bei mitbestimmten Unternehmen

Bereits ab 2015 kommt eine „Flexi-Quote" für Unternehmen, die entweder börsennotiert sind oder einen mitbestimmten Aufsichtsrat haben. Erfasst sind nicht nur börsennotierte Aktiengesellschaften, sondern auch GmbHs, AGs und KGaA mit mehr als 500 Mitarbeitern. Diese Unternehmen sollen Zielvorgaben bestimmen für den Aufsichtsrat, den Vorstand bzw. die Geschäftsführung sowie die beiden Managementebenen unterhalb des Vorstands. Dabei dürfen Aufsichtsrat und Vorstand die Zielgrößen selbstbestimmt festlegen, gesetzliche Vorgaben soll es nicht geben. Eine freiwillige Selbstverpflichtung ist dies jedoch nicht: Für die ca. 3.500 betroffenen Unternehmen in Deutschland gilt, dass sie nicht hinter ihren jetzigen Stand zurückfallen dürfen. Außerdem sollen sie festlegen, wann sie ihr nächstes Ziel innerhalb einer maximal dreijährigen Frist erreichen wollen. Ihre Zielvorgaben und die zu deren Erreichung festgelegten Fristen sollen sie regelmäßig veröffentlichen und über das Erreichen bzw. die Gründe für das Nichterreichen berichten.

Öffentliche Unternehmen

Die Öffentliche Hand soll bei der Frauenförderung mit gutem Beispiel vorangehen; dazu werden das Bundesgleichstellungsgesetz und das Bundesgremienbesetzungsgesetz den Regelungen für die Privatwirtschaft angepasst. Künftig soll das System der verbindlichen Zielvorgaben auch in der Bundesverwaltung, in Gerichten und für Unternehmen mit Bundesbeteiligung wie der Telekom und der Deutschen Bahn gelten.

Weitere Schritte

Das Gesetzesvorhaben soll noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden, damit es 2015 in Kraft treten kann. Widerstand ist nicht nur aus der Wirtschaft, sondern auch von Teilen der Koalitionsparteien selbst zu erwarten. Die Botschaft der Leitlinien ist jedoch klar: Den zuständigen Ministern ist es diesmal ernst. Sie haben mit der Umsetzung der angekündigten Geschlechterquote begonnen.

Die Leitlinien zum Gesetzesvorhaben finden Sie hier.

Dr. Barbara Mayer
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

Stephanie von Riegen

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