Preisanpassungsklauseln im Energierecht - AGB-rechtliche Grenzen

Für die Abgrenzung zwischen streng regulierten AGB und Individualvereinbarungen, die der Vertragsfreiheit unterliegen, kommt es auch nach der Übertragung des Vertrages auf einen Dritten auf die Umstände des ursprünglichen Vertragsschlusses an. Das Vorliegen von AGB hat derjenige zu beweisen, der sich auf die Unwirksamkeit einer Klausel beruft. Die bloße Absicht, ein Vertragsmuster mehrfach zu verwenden reicht für das Vorliegen von AGB nicht aus.

Während AGB nur in engen Grenzen frei gestaltet werden können, sind individuell ausgehandelte Verträge von der Vertragsfreiheit umfasst. Nach § 305 BGB sind AGB „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt." Für die Abgrenzung zwischen AGB und Individualvereinbarungen kommt es deshalb vor allem auf das „Aushandeln" der Vereinbarung an, da anderenfalls keine „gestellte" Vereinbarung vorliegt.

Das Urteil des OLG Düsseldorf (Urteil vom 06.11.2013, Az: I-3 U 51/12)

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 06.11.2013, Az: I-3 U 51/12) hielt eine vertragliche Regelung zur Preisanpassung als Individualvereinbarung für wirksam. Zunächst stellte das Gericht fest, dass es in Fällen der Übernahme von Verträgen durch Dritte auf den ursprünglichen Vertragsschluss und nicht auf die Übernahme ankommt. Dass der übernehmende Vertragspartner also nicht selbst (erneut) mit dem anderen Teil über die Regelungen des Vertrags verhandelt, führt nicht zum Vorliegen von AGB. Hierzu sei es der Klägerin nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagte gegenüber der ursprünglichen Vertragspartnerin einseitig Bedingungen gestellt habe, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert waren. Obwohl die Niederlegung des Vertragstextes einen Anschein für das Vorliegen von AGB gesetzt hatte, war der Beklagten dessen Erschütterung durch die Vorlage der Korrespondenz vor Vertragsschluss (insbesondere mit Randnotizen versehene Entwürfe) gelungen. Dass den Verhandlungen ein Vertragsmusters der Beklagten zugrunde gelegen habe, sei daher unschädlich, und zwar auch dann, wenn diese die Absicht gehabt habe, das vorformulierte Vertragsmuster in einer Vielzahl von Fällen zu verwenden.

Folgen für die Vertragsgestaltung und -verhandlung

Selbst die mehrfache Verwendung eines Vertragsmusters kann also einmal nicht schaden, wenn und soweit die enthaltenen Regelungen ernsthaft inhaltlich zur Disposition gestellt wurde. Um in einem möglichen Rechtsstreit beweisen zu können, dass die Vereinbarung individuell ausgehandelt wurde, sollten die Verhandlungsschritte möglichst genau dokumentiert werden.

Dies gilt umso mehr im Bereich der Energielieferung, wo nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen, die auf die Grundversorgungsverordnungen Bezug nehmen, intransparent und unzulässig sind. Gerade im unternehmerischen Bereich dürfte sich daher die individuelle Verhandlung (zumindest der Preisanpassungsregeln) als echte Alternative zur Gestaltung von allgemeinen Preisanpassungsklauseln darstellen, die angesichts der neueren Rechtsprechung nur schwer rechtssicher möglich sein dürfte.

Der Klauselinhalt muss aber eindeutig zur Disposition gestellt werden. Beharrt der Verwender auf einer Klausel oder gar einer bestimmten Formulierung, kann ihm dies leicht als „Nicht-Aushandeln" ausgelegt werden, was einer Individualvereinbarung entgegensteht (siehe nur BGH, Urteil v. 22.11.2012 (Az.: VII ZR 222/12).

Dr. Stefan Lammel
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Ingo Reinke

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