Energierecht im Wandel: Der Koalitionsvertrag zur Energiewende

„Die Energiewende ist ein richtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg in eine Industriegesellschaft, die dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet ist. Sie schützt Umwelt und Klima, macht uns unabhängiger von Importen, sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland. Eine der Hauptaufgaben der großen Koalition ist es deshalb, engagierten Klimaschutz zum Fortschrittsmotor zu entwickeln und dabei Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Wir wollen die Entwicklung zu einer Energieversorgung ohne Atomenergie und mit stetig wachsendem Anteil Erneuerbarer Energien konsequent und planvoll fortführen."

So lauten die ersten Sätze des Kapitels „Die Energiewende zum Erfolg führen" aus dem Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU. Ziel ist, die Waage zu halten im sog. „energiepolitischen Dreieck": Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Die geplanten Maßnahmen beziehen sich einerseits auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien, andererseits auf den Netzausbau und den Ausbau notwendiger Speicherkapazitäten sowie die Energieeffizienz.

Reform des Erneuerbare Energien Gesetz (EEG)

Bereits bis Ostern 2014 soll ein Reformentwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) erarbeitet werden mit dem Ziel, diesen im Sommer 2014 zu verabschieden.

Beruhigend für Investoren: „Altanlagen genießen Bestandsschutz. Der Vertrauensschutz im Hinblick auf getätigte und in der Realisierung befindliche Investitionen ist entsprechend zu gewähren." - so der Koalitionsvertrag (die genaue rechtliche Ausgestaltung bleibt freilich abzuwarten).

Für die Förderung Erneuerbarer Energien soll ein Ausbaukorridor gesetzlich festgelegt werden, innerhalb dessen eine Förderung stattfindet. Es bleibt beim System der kontinuierlichen Degression der Fördersätze. Bei der weitergehenden Überarbeitung des Fördersystems wird nach einzelnen Technologien differenziert: Während die Förderung für Windenergie an Land gekürzt werden soll, soll die Förderung für Windenergie auf See verlängert werden. Bis 2020 sollen 6,5 Gigawatt (GW) Offshore-Windenergie erreicht werden, bis 2030 15 GW. Grundlegend überarbeitet werden soll auch die Förderung der Biomasse. Konkurrenzkonflikte bei Flächen und Rohstoffe (Stichworte „'Vermaisung' der Landschaft" und „Mais gehört auf den Teller, nicht in den Tank") sollen entschärft werden, indem in Zukunft Biomasseanlagen gefördert werden, die überwiegend Abfall- und Reststoffe als Einsatzstoffe verwenden. Die Förderung der Solarenergie und der Wasserkraft soll fortgeführt werden. Hier sind keine Änderungen vorgesehen.

Insgesamt sollen sämtliche Bonusregelungen des EEG auf den Prüfstand gestellt werden mit dem Ziel, sie weitgehend abzuschaffen. Ab einer Größe von 5 MW soll für Neuanlagen eine Pflicht zur Direktvermarktung des erzeugten Stroms gelten, die im zweiten Schritt -  ab 2017 - für alle Anlagengrößen gelten soll. Ab 2018 soll die Förderhöhe durch Ausschreibungen ermittelt werden, soweit sich dieses Modell in einem Pilotprojekt bewährt. Hier bleibt die genaue Ausgestaltung  abzuwarten, insbesondere die Abstimmung beider Vorhaben aufeinander.

Zur Entlastung der Netze sollen weitere Maßnahmen getroffen werden, insbesondere die direkte Ansteuerungsmöglichkeit der Anlagen und erweiterte Möglichkeiten für Netzbetreiber, entschädigungslos Erzeugungsanlagen abzuregeln werden genannt. Dies soll einen Anreiz setzen, die Netzsituation bei der Auswahl des Standortes von Neuanlagen zu berücksichtigen.

Das viel diskutierte System der EEG-Umlage, insbesondere die Ausnahmeregelungen (Eigenstromprivileg, Grünstromprivileg und Ausnahmen für produzierendes Gewerbe und Schienenbahnen - „Besondere Ausgleichsregelungen") soll auf den Prüfstand. Laut Pressemeldungen beabsichtigt die EU-Kommission, ein Beihilfeverfahren einzuleiten und das EEG darauf zu überprüfen, ob es unerlaubte staatliche Beihilfen gewähre (FAZ vom 12.11.2013 - Stand 13.12.2013). Die Koalitionäre halten fest, dass sie davon ausgehen, dass dies nicht der Fall ist. Zugleich erklären sie, dass die „Besonderen Ausgleichsregelungen" anhand objektiver, europarechtskonformer Kriterien überprüft werden sollen. Auch sollen die privilegierten Unternehmen im Punkte Energieeffizienz verstärkt in die Pflicht genommen werden. Weiter soll das Eigenstromprivileg in der jetzigen Fassung gestrichen werden; Eigenstromanlagen sollen mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG beitragen, was erhebliche Auswirkungen auf Eigenerzeuger haben kann. Das sogenannte „Grünstromprivileg", nach welchem sich die EEG-Umlage für solche Elektrizitätsversorgungsunternehmen reduziert, die eine bestimmte Menge an Strom aus Erneuerbaren Energien an Letztverbraucher liefern, soll abgeschafft werden.

Energieeffizienz und Kraft-Wärme-Kopplung

Als weitere Säule der Energiewende soll die Energieeffizienz vorangetrieben werden. Es soll noch 2014 ein „Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz" erarbeitet und verabschiedet werden. Er soll ein ganzes Bündel an Maßnahmen enthalten. Beispielhaft genannt seien an dieser Stelle die Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie und die Überarbeitung bestehender Förderprogramme. Zudem soll das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und die Energieeinsparverordnung (EnEV) überarbeitet und aufeinander abgestimmt werden. Informationen von Käufern und Mietern über die energetische Qualität von Gebäuden sollen weiter verbessert werden.

Ebenfalls soll das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) überarbeitet werden (zugleich Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie). Ziel ist ein Ausbau des KWK-Anteils auf 25 % bis 2020.

Netz und Speicher

Auch im Netzbereich sollen in 2014 bereits Neuerungen kommen. Netzausbau und Ausbau der Netzreserven bleiben zentrale Themen. Rahmenbedingungen für den Einsatz von intelligenten Messsystemen für Verbraucher, Erzeuger und Kleinspeicher sowie Regelungen zum Last- und Erzeugungsmanagement sollen auf den Weg gebracht werden (Stichworte: ‚Smart Grid' und ‚Smart Metering'). Auch im Bereich der Netzentgelte sind Neuerungen geplant. Einspeiser sollen an den Kosten der Netzinfrastruktur und des Netzbetriebs beteiligt werden.

Ausblick

Die genaue Ausgestaltung der Regelungen bleibt abzuwarten. Im Hinblick auf das EEG kann dabei nur versucht werden, die Fragen der Europarechtskonformität bereits vorweg zu nehmen. Wie lange ein Kommissionsverfahren dauern würde und wie es ausgehen wird, kann derzeit nicht vorgesehen werden. Sollte die Kommission einen Verstoß gegen die Beihilferegelungen feststellen, sind weitreichende Änderungen erforderlich.

Dr. Stefan Lammel, Iris Jachmann-Rey

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