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Kfz-Vertrieb: Direktvertrag oder Dammbruch

Die neuen BMW-Händlerverträge sorgen europaweit für Aufsehen unter der Händlerschaft. Ursache des Unmutes der Händler ist dabei insbesondere auch die Regelung, die es dem Hersteller letztlich unbeschränkt gestattet, unmittelbar jeden Kunden zu beliefern. Bisher erfolgte dies mit Ausnahme einiger speziellen Kunden über die Niederlassungen. Nunmehr will BMW die Fahrzeuge dem Vernehmen nach über eine eigene Internetplattform direkt vermarkten - und so auch die Kosten sparen, die durch den Vertrieb über Niederlassungen anfallen.


Ob dies zur Motivation der Händlerschaft beiträgt, wenn der eigene Lieferant sogar über eigene Niederlassungen hinaus noch den Wettbewerb gegen seine eigenen Partner intensiviert, ist zuvorderst eine wirtschaftliche Frage, zumal der Lieferant mit seinen Anforderungen an die Standards und seinem absoluten Exklusivitätsgebot nicht gerade geringe finanzielle Anforderungen stellt.

In rechtlicher Hinsicht wird damit aber das selektive System des Herstellers selbst in Frage gestellt. Denn die Regelungen des Vertrages sehen nicht einmal vor, dass der Hersteller sich dabei Beschränkungen auferlegt wie z.B. nicht die Belieferung von freien Markenhändlern. Der Hersteller darf also an einen freien Händler auf einen Schlag mit vielen hundert Autos beliefern, die gerade nicht so gut verkäuflich sind.

Mehr noch: Wenn sich der Hersteller insoweit selbst keine Beschränkungen im selektiven Vertriebssystem durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit seinen Vertriebspartnern auferlegt, ist es durchaus denkbar, dass ein freier Händler in seiner Eigenschaft als „Kunde" die Belieferung mit Fahrzeugen vom Hersteller unmittelbar verlangt und sich beschwerdeführend sogar an die Kartellinstitutionen wendet, wenn ihm eine Belieferung für den Fall der Ablehnung verweigert wird. Damit ist zumindest die Gefahr eines Dammbruchs gegeben: Der unbeschränkte Vorbehalt zur Belieferung hat letztlich zur Konsequenz, dass das selektive Vertriebssystem nicht mehr geschlossen ist. Das einzelne Fahrzeug bekommt nunmehr ohnehin jedermann leicht über das Internet direkt vom Hersteller - und dabei muss nicht einmal die Tätigkeit als freier Händler offengelegt werden. Nachdem schon die Margen vom Hersteller alleine jederzeit geändert werden können, ist ein weiteres Tor geöffnet worden, das einen Händlervertrag nicht mehr kalkulierbar macht.

Prof. Dr. F. Christian Genzow

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