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Händlerausgleichsanspruch im Umbruch

Bekanntlich musste der deutsche Gesetzgeber den Handelsvertreter-Ausgleichsparagraphen aufgrund einer Entscheidung des EuGH vom 26.03.2009 (C-348/07) ändern: Maßgebend sind nunmehr vor allem Vorteile, die der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit den vom Absatzmittler geworbenen Kunden zukünftig ziehen kann; sog. Provisionsnachteile sind nur noch im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigen. Neuere höchstrichterliche Urteile aufgrund der Gesetzesänderung gibt es noch nicht, weil alle Rechtsstreitigkeiten mit einer Beendigung der Vertragsbeziehungen vor dem 05.08.2009 noch nach „altem" Recht zu entscheiden sind.


Es zeigt sich jedoch eine Tendenz, dass sich der Ausgleichsanspruch zu Gunsten der Vertragshändler verändert. Dies vor folgendem Hintergrund:

Überprüft man die Konzernergebnisse eines Automobilherstellers genau, so fällt auf: Mit Neufahrzeugen wird nur ein geringer Ertrag erwirtschaftet; weitaus größere Erträge werden von den Automobilkonzernen im Ersatzteilbereich, aber auch im Dienstleistungsbereich (insbesondere Finanzierung) erwirtschaftet. Neufahrzeuge werden häufig geleast oder finanziert - und der Kunde benötigt zukünftig Ersatzteile. Das sind Vorteile, die ursächlich mit dem Erwerb des Neufahrzeuges zusammenhängen und daher aufgrund der geänderten Rechtslage auch bei der anzustellenden Prognose der Unternehmervorteile zu berücksichtigen sein werden. Neue Berechnungsmethoden für den Ausgleichsanspruch sind damit angesagt. Erste Erörterungen vor den Gerichten geben Anlass zu Optimismus. Was zudem häufig bei der Berechnung unbeachtet bleibt, obwohl vom BGH schon am 13.01.2010 (VIII ZR 25/08) entschieden: Über die Händlermarge hinaus gewährte Zusatzleistungen des Herstellers sind beim Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen, wobei es nicht darauf ankommt, ob dem Vertragshändler ein vertraglicher Anspruch auf die gewährte Zusatzleistung zustand. Vielmehr genügt es, dass der Vertragshändler berechtigterweise erwarten konnte, auch in Zukunft vergleichbare Leistungen zu erhalten. Unbeachtet bleibt häufig weiter, dass Ausgleichsansprüche gegen herstellereigene Banken und Leasinggesellschaft gesondert und unabhängig vom Automobilverkauf entstehen können, wenn ständige (nicht notwendig schriftliche) Vermittlerbeziehungen bestehen.

Prof. Dr. F. Christian Genzow

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