Neues aus Tschechien: Änderungen des Körperschaftsgesetzes ("ZOK") und des Bürgerlichen Gesetzbuches ("NOZ") für tschechische s.r.o. ab dem 01.01.2014

Viele deutsche Unternehmen sind in Tschechien tätig; und ein Großteil hat wiederum eine Tochtergesellschaft in Form einer tschechischen s.r.o. Für diese Gesellschaften gelten ab dem 1. Januar 2014 etliche Neuregelungen, über die wir Sie - gemeinsam mit unserer Partnerkanzlei bpv Braun aus Prag - informieren möchten.

1.  Einzelne Schlaglichter der Änderungen hinsichtlich der s.r.o.


1.1  Jede s.r.o. ist verpflichtet, ihren Gesellschaftsvertrag (die Gründungsurkunde) spätestens bis zum 30.06.2014 an die neue rechtliche Regelung anzupassen, und diese dem Registergericht zuzustellen; Bestimmungen, die im Widerspruch zu den zwingenden Bestimmungen des ZOK stehen, werden bereits zum 01.01.2014 aufgehoben.

1.2  Beendigung des Kettenverbots- Heute ist verboten, dass eine tschechische s.r.o. nur einen Gesellschafter hat, wenn dieser die Rechtsform einer (in- oder ausländischen) Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat und seinerseits nur einen Gesellschafter aufweist. Eine natürliche Person darf Alleingesellschafter in höchstens drei s.r.o. sein. Das ZOK hebt diese heute in der Praxis oft nicht bekannten Regelungen vollständig auf.

1.3  Der Geschäftsführer wird zukünftig berechtigt sein, gemeinsam mit dem Prokuristen für die Gesellschaft zu handeln (sog. gemischte Prokura) - diese bislang unzulässige aber geade im deutschsprachigen Ausland völlig übliche Form der Vertretungsregelung sollten die Registergerichte ab dem 01.01.2014 akzeptieren.

1.4  Neue Erfordernisse des Vertrages über die Ausübung der Funktion des Geschäftsführers - die vor dem 01.01.2014 abgeschlossenen Verträge müssen spätestens bis zum 30.06.2014 an den Anforderungen des ZOK angepasst werden, sonst gilt, dass die Ausübung der Funktion nach diesen Verträgen unentgeltlich ist.

1.5  Die Errichtung des gesetzlichen Rücklagen(Reserve-)fonds mit seinen Beschränkungen für die Nutzung ist nicht mehr verpflichtend - die darin enthaltenen Mittel können Gesellschaftern ausgezahlt oder auf das Konto der vorgetragenen Gewinne überwiesen werden.

1.6  Neue Haftungsregelungen gelten für Geschäftsführer durch Anwendung der business judgement rule: Wenn die handelnde Person (Geschäftsführer) nachweist, dass sie bei ihrer informierten Entscheidung im guten Glauben war und im vertretbaren Interesse der Gesellschaft handelte, haftet sie nicht gegenüber der Gesellschaft für den ihr zugefügten Schaden.

1.7  Eine neue Art und Weise des Gläubigerschutzes basiert auf dem. sog. Insolvenztest, der der Gesellschaft untersagt, Gewinn, Mittel aus anderen eigen Mitteln oder Vorauszahlungen auszuzahlen, sofern dies Bankrott verursacht; ferner auf den Regeln über Interessenkonflikt und Regeln des sog. wrongful trading.

1.8  Wrongful trading - sofern ein Geschäftsführungsorgan die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns dadurch verletzt, dass es keine Schritte unternimmt, die zur Abwendung des Bankrotts notwendig sind, kann das Gericht auf Antrag des Insolvenzverwalters oder des Gläubigers entscheiden, dass das Geschäftsführungsorgan für die Erfüllung der Pflichten der Gesellschaft haftet. Dies geht weit über die bisherige Haftung für verspätete Insolvenzantragstellung hinaus.

2.  Anteil und Einlage

2.1  Ab 2014 muss das Mindeststammkapital und die Mindesteinlage eines Gesellschafters nur noch 1,- CZK  betragen.

2.2  Verschiedene Arten von Anteilen - das ZOK lässt zukünftig die Existenz verschiedener Arten von Geschäftsanteilen zu, wobei ein Gesellschafter dann mehrere Anteile verschiedener Art halten kann.

2.3  Beteiligungsscheine - der Geschäftsanteil des Gesellschafters, dessen Übertragbarkeit weder eingeschränkt noch bedingt ist, kann ab 2014 durch Ausgabe eines Beteiligungsscheins als Wertpapier auf Order dargestellt werden, dieser darf jedoch nicht zum Handel auf einem öffentlichen Markt angenommen werden.

3.  Gesellschafterversammlung

3.1  Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung in elektronischer Form - das ZOK beschränkt nicht die Weise, wie in der Gesellschafterversammlung abgestimmt wird, sieht jedoch lediglich die Feststellbarkeit der Anwesenden vor, was auch diejenigen Personen sind, die zum Beispiel elektronisch (dazu zählt wohl auch Videokonferenz oder SKYPE) anwesend sind. Dabei können die nicht anwesenden Gesellschafter auch nachträglich über Anträge abstimmen, die der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt worden sind, und zwar innerhalb von sieben Tagen nach dem Tag der Abhaltung der Gesellschafterversammlung.

3.2  Beschlussfassung per rollam - Nachdem die Gesellschafter den Beschlussantrag erhalten haben, können sie außerhalb der Gesellschafterversammlung derart entscheiden, dass sie ihre eventuelle Zustimmung zu solchem Antrag in der festgelegten Frist zustellen, sonst gilt, dass sie mit dem Antrag nicht einverstanden sind.

4.  Geschäftsführer, Interessenkonflikt

4.1  Im Vergleich zur bestehenden Regelung wird das Konkurrenzverbot der Geschäftsführer gelockert und es wird angenommen, dass ein Konkurrenzverbot nicht gegeben ist, sofern die Gesellschafter über den eventuellen Interessenkonflikt Bescheid wussten.

4.2  Das ZOK begründet für die Organmitglieder der Körperschaften eine Informationspflicht hinsichtlich eines möglichen Interessenkonflikts und gibt dem höchsten Organ der Gesellschaft(der Gesellschafterversammlung) die Möglichkeit, die Ausübung der Funktion einer solchen Person ruhen zu lassen. Die Verletzung der Pflichten nach diesen Regeln stellt eine Handlung im Widerspruch zur Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns dar und kann eine Haftung des Geschäfsführers begründen. Das ZOK legt auch die Informationspflicht des zukünftigen Mitgliedsorgans der Körperschaft in Bezug auf seine Insolvenzvergangenheit fest, diese wird selbst jedoch kein absolutes Hindernis für die Ausübung der Funktion darstellen, sondern kann durch die Gesellschafterversammlung für irrelevant erkärt werden.

4.3  Interessenkonflikte zwischen der Gesellschaft und weiteren Personen, werden nicht mehr wie heute im hochproblematischen § 196a Handelsgesetzbuch geregelt, sondern u.a. durch die Verschärfung der Regeln über Interessenkonflikt der Mitglieder der Organe der Gesellschaft, Regelungen über die Herausnahme von Vermögen aus der Gesellschaft und den Grundsätzen des wrongful trading ersetzt.

5.  Übertragbarkeit des Geschäftsanteils und Austritt aus der Gesellschaft

5.1  Sehr wichtig für Gesellschaften mit mehreren Gesellschaftern wird sein, dass das ZOK die Übertragung von Anteilen erleichtert macht; jeder Gesellschafter kann seinen Anteil auf einen anderen Gesellschafter übertragen, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft diese Übertragung durch das Einverständnis eines Organs der Gesellschaft bedingt (heute ist dafür die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich); die Übertragung des Anteils auf einen Dritten wird mit der bloßen Zustimmung der Gesellschafterversammlung möglich sein, ohne, dass diese Vorgehensweise ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft geregelt werden müsste (heute muss der Gesellschaftervertrag dieses Möglichkeit ausdrücklich zulassen). Sofern diese Lockerung nicht gewünscht ist, sollte die Abänderung des Gesellschaftsvertrages rechtzeitig veranlasst werden.

5.2  Sofern das zuständige Organ sein Einverständnis zur Übertragung des Geschäftsanteil ohne Angaben von Gründen verweigert, oder sofern es untätig bleibt, ist der Gesellschafter berechtigt, aus der Gesellschaft auszutreten, jedoch lediglich in dem Fall, dass er seine Einlagepflicht zum betroffenen Anteil vollständig erfüllt hat. Das ZOK ermöglicht weiter den Austritt des Gesellschafters aus der Gesellschaft zum Beispiel auch dann, wenn er gegen die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Änderung des überwiegenden Charakters der Unternehmenstätigkeit der Gesellschaft oder über Verlängerung der Dauer der Gesellschaft abgestimmt hat und dagegen war.

6.  Neue Terminologie

Man muss sich auch mit der neuen Terminologie vertraut machen, insbesondere:

6.1  Handelskorporation (obchodní korporace)- das ZOK führt einen Deckbegriff Handelskorporation ein, unter den sowohl die Handelsgesellschaften (insbesondere die öffentliche Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaft), als auch Genossenschaften fallen.

6.2  (Geschäfts)betrieb ((Obchodní) závod) - der Begriff Geschäftsbetrieb ersetzt und präzisiert den bisherigen Begriff Unternehmen (podník).

6.3  Niederlassung (pobočka) - ersetzt den heutigen Begriff Zweigniederlassung des Unternehmens und bezeichnet solchen Teil des Betriebs, der wirtschaftliche wie auch funktionelle Selbständigkeit ausweist. Die im Handelsregister eingetragene Niederlassung wird (ähnlich wie heute) als Zweigbetrieb (odštěpný závod) bezeichnet.

Für Rückfragen stehen wir und unsere Kollegen aus Prag jederzeit gerne zur Verfügung.

Arthur Braun, Dr. Barbara Mayer

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