Dr. Albert Schröder

Vorweggenommene Erbfolgen werden oft stufenweise vorgenommen. Das kann so geschehen, dass der Schenker im ersten Anlauf nur den wirtschaftlichen Gehalt der Vermögenswerte übergibt, sich die Entscheidungsrechte aber einstweilen noch vorbehält. So kann ein Unternehmer einen Teil seiner GmbH-Anteile auf seine Kinder übertragen, sich aber gleichzeitig ein mit seiner Person verbundenes sog. Mehrstimmrecht einräumen lassen. Er verfügt dann weiter über den entscheidenden Einfluss in der Gesellschaft, auch wenn seine Kinder am wirtschaftlichen Ergebnis bereits wie er oder sogar höher beteiligt sind. Der im Verhältnis zur wirtschaftlichen Beteiligung verringerte Einfluss der Kinder kann zu einer niedrigeren Bewertung und damit auch geringeren Schenkungsteuer führen.

Fraglich war bislang, ob dann später auch ein steuerlicher „Nachschlag" fällig wird, sobald der Altgesellschafter auf sein Mehrstimmrecht verzichtet. Die Finanzverwaltung vertrat jedenfalls diese Auffassung. Anders nun der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 30.01.2013, II R 38/11): Eine Schenkung setze eine substantielle Vermögensverschiebung zwischen den Beteiligten voraus. Wenn ein Gesellschafter auf ein an seine Person gebundenes Mehrstimmrecht verzichte, vermindere sich seine Vermögenssubstanz nicht, denn das Mehrstimmrecht habe aufgrund der fehlenden Veräußerbarkeit für sich keinen realisierbaren Wert.

Das lässt natürlich Gestaltungsmöglichkeiten erahnen. Doch Vorsicht: Wenn die Übertragung des durch das vorbehaltene Mehrstimmrecht „entwerteten" Anteils und der Verzicht auf das Mehrstimmrecht zu nah aufeinanderfolgen, kann der Steuernachschlag doch noch fällig werden. Einen Abstand von sechs Jahren hielt der BFH für unschädlich.

Dr. Albert Schröder

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