1. Einführung

Wer exportieren will, ohne selbst überall auf der Welt mit eigenen Tochtergesellschaften oder Niederlassungen präsent zu sein, braucht fähige Vertriebsmittler, die den jeweiligen Auslandsmarkt und die Kunden kennen und nach Möglichkeit auch vor Ort betreuen können. Traditionell geschieht dies durch Handelsvertreter, Unternehmer, die vor Ort die Ware bewerben und Geschäfte für den Hersteller vermitteln. Handelsvertreter sind keine Arbeitnehmer des Herstellers, sondern selbständige Unternehmer. Sie leben üblicherweise von einer Provision, die sie auf die vermittelten Geschäfte bekommen.

In vielen Ländern stehen Handelsvertreter unter besonderem gesetzlichem Schutz. Häufig erhalten sie bei Vertragsbeendigung einen Ausgleichsanspruch für den von ihnen geworbenen Kundenstamm, der z.B. in der EU bis zu einer Jahresprovision betragen kann. Der Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter ist innerhalb der EU einheitlich geregelt und zwingend. Abweichende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam - jedenfalls dann, wenn sie vor Beendigung des Vertrags getroffen werden.

2. Alternative: Vertragshändler

Die Alternative zum Handelsvertreter sind Vertragshändler, die Waren auf eigene Rechnung kaufen und weiterverkaufen. Werbung, Service und Markenauftritt werden dabei häufig vom Exporteur vorgeschrieben; im Gegenzug wird dem Händler häufig Exklusivität in seinem Vertriebsgebiet zugesichert. Doch auch ein solcher Alleinvertriebsvertrag birgt für den Exporteur Risiken:

2.1 Ausgleichsanspruch

In manchen Ländern gesteht die Rechtsprechung auch Vertragshändlern unter bestimmten Umständen, insbesondere bei enger Einbindung in die Absatzorganisation des Herstellers, einen Kompensationsanspruch für den Kundenstamm zu. Der Vertragshändler wird also praktisch wie ein Handelsvertreter behandelt. Das ist in Deutschland so, daneben aber auch in Österreich, der Schweiz und Griechenland und in einigen Ländern außerhalb der EU, z.B. in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch in Italien und Spanien ist ein solcher Anspruch zu befürchten, obwohl dort noch keine einheitliche Rechtsprechung dazu existiert.

Aus Sicht des Herstellers sollte der Händlervertrag daher nach Möglichkeit so gestaltet werden, dass die Kriterien für einen Ausgleichsanspruch nach der jeweiligen Rechtsprechung nicht erfüllt werden. Im deutschen Recht bedeutet das vor allem, dass man den Händler nicht verpflichten darf, offen zu legen, an welche Kunden er die Ware weiterveräußert.

2.2 Anwendbares Recht

Grundsätzlich ist das anwendbare Recht im Vertrag frei wählbar. Das legt es für Exporteure nahe, ein Recht zu wählen, dass keinen Ausgleichsanspruch für Händler kennt. Ein „Allheilmittel" ist dies aber nicht: Gerichte aus Ländern, die einen Ausgleichsanspruch für ihre einheimischen Händler anerkennen, werden die Rechtswahl häufig mit Verweis auf den sog. „ordre public" nicht beachten. So beachten z.B. deutsche Gerichte trotz Vereinbarung das abweichende ausländische Recht nicht, wenn ein in Deutschland tätiger Händler dadurch einen nach deutschem Recht bestehenden Ausgleichsanspruch verlöre. Ähnlich protektionistisch wie europäische Gerichte entscheiden auch die Gerichte in vielen Ländern Lateinamerikas und im arabischen Raum.

2.3 Besonderheiten beim Alleinvertriebsvertrag

Häufig wird Vertragshändlern eine Exklusivität für ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Region zugesichert. Dann ist der Verkaufserfolg in diesem Markt allein von diesem einen Händler abhängig. Bei mangelndem Engagement des Händlers, z.B. wegen Unstimmigkeiten mit dem Exporteur, wird ein Markt für eine gewisse Zeit quasi blockiert. Auf wichtigen Absatzmärkten kann das gravierende Folgen für den Gesamtumsatz haben. Der Hersteller hat dann nur die Möglichkeit, den Vertrag ordentlich unter Einhaltung einer Frist oder - bei nachweisbaren Pflichtverletzungen des Händlers - aus wichtigem Grund zu kündigen.

Für die ordentliche Kündigung des Händlervertrages gelten je nach anwendbarem Recht unterschiedliche Fristen, die auch durch abweichende Vereinbarung nicht wirksam unterschritten werden können. Bei zu kurz bemessener Frist drohen in den meisten Ländern Schadensersatzforderungen des Händlers. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung wird häufig nicht bestehen.

Um diesen Problemen zu begegnen, empfiehlt sich zweierlei: zum einen sollte sich der Hersteller nach Möglichkeit eigene Direktverkäufe ins Vertriebsgebiet vorbehalten. Zum anderen sollten bei Alleinvertriebsverträgen Mindestabsatzmengen vereinbart werden, bei deren Nichterreichung der Händler die Exklusivität verliert oder sein Vertriebsgebiet verkleinert werden kann. Solche Klauseln müssen individuell ausgehandelt werden. Bei Direktverkäufen muss dem Händler i.d.R. ein angemessener Ausgleich (z.B. in Form einer Provision) gewährt werden. Da Mindestabnahmemengen wie Wettbewerbsverbote wirken können, sind dabei außerdem die jeweiligen wettbewerbsrechtlichen Grenzen zu beachten. Innerhalb der EU werden diese z.B. von den sog. Gruppenfreistellungsverordnungen gezogen, wonach ein Wettbewerbsverbot in der Regel maximal für fünf Jahre vereinbart werden darf.

Innerhalb der EU schränkt das Wettbewerbsrecht nicht nur die Möglichkeit ein, dem Händler den Vertrieb von Konkurrenzprodukten zu verbieten, sondern auch die Freiheit zur Regelung von Gebietsabgrenzungen zwischen den Händlern. Einem Händler kann zwar untersagt werden, aktiv außerhalb seines Gebiets zu agieren. Passive Verkäufe, d.h. Verkäufe in das Vertriebsgebiet eines anderen Händlers, bei denen sich der Kunde an den Händler gewandt hat, dürfen hingegen nicht verboten werden.

Dr. Barbara Mayer, Dr. Sven Ufe Tjarks

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